Geschichte(n) auf Grabsteinen und anderes mehr
Es lohnt sich, die Grabsteine rund um die Rintelner Kirchen einmal genauer anzuschauen. Zum Beispiel diesen Grabstein, den sie an der Jakobi Kirche finden.
Er hält in lateinischer Sprache die Lebensdaten des Heinrich Ernst Kestner fest. Geboren wurde er am 23. Januar 1671 in Detmold. Am 5. Juli 1723 verstarb er ledig im seinem 53. Lebensjahr. Kestner war Jurist. Professor für Pandekten (Name für eine Rechtssammlung, die 534 der oströmische Kaiser Justinian veröffentlichen liess) und Hessischer Rat.
Wie es im Barock üblich war, werden auf seinem Grabstein nicht nur seine Lebensdaten fest gehalten, sondern vor allem wird ein Loblied seiner Tugenden und Verdienste gesungen. Von ihm wird gesagt, dass er "ein gelehrter, arbeitsamer und aufrichtiger Mann war, der ein längeres Leben verdient hätte". Allzu viel sollte man auf diese Lobreden nicht geben, denn es gab zu dieser Zeit fest stehende Formulierungen, die dann auf konkrete Personen angewendet wurden. Und so sagen diese Worte letztlich wohl mehr über den Geist der Zeit aus als über den komkreten Menschen Kestner.
Die beiden Putti oben auf unserem Grabstein halten eine Krone. Dieses Motiv findet sich auf vielen Grabsteinen der damaligen Zeit. Und es besagt dies: Wer so wie Kestner gelebt hat, dem wir die Krone des Lebens verliehen. In der Bibel heisst es ja: Sei getreu bis in den Tod, dann will ich dir die Krone des Lebens geben.
Auch sie, der Leser, werden auf diesem Grabstein angesprochen und das in doppelter Weise. Einmal ganz direkt im lateinischen Text. Dort heisst es, nachdem der Leser aufgefordert wurde, um ewigen Frieden für den verstorbenen Kestner zu bitten: Leser - der gemeinen Natur Gebrechlichkeit erwägend geh deines Weges.
Und das zweite Mal geschieht das eher indirekt. Unten am Grabstein schaut ein als Säugling dargestellter Putto - gestützt auf ein Stundenglas - auf einen Totenschädel. Das ist ein so genanntes 'Memento Mori'. Diese wollen an die Vergänglichkeit alles Lebendigen erinnern. In diesem Falle meint es dies: Mit dem Moment unserer Geburt sind wir den Gesetzen der Vergänglichkeit unterworfen.
Bei unserem Michaelis Spektakel 'Heilige - Hexen - Licht*gestalten' spielt dieser Grabstein eine Rolle.